Wie lange sollte oder darf mein Kind rückwärts fahren?
Ab wann kann unsere Tochter guten Gewissens in einen Folgesitz?
Was müssen wir als Eltern beim Kauf eines Gruppe II/III-Kindersitzes beachten?
Als Kindersitzprofis empfehlen wir, Kinder möglichst lange, mindestens aber bis zum 4. Geburtstag, rückwärts zu transportieren. Warum Reboarder sicherer als vorwärtsgerichtete Sitze sind, haben wir zum Beispiel hier, hier und hier ausführlicher erläutert. Auch beim Thema Folgesitz gilt es, einiges zu beachten. Häufig erreichen uns Fragen, die den Kindersitz nach dem Reboarder betreffen und diesen möchten wir uns heute widmen.
1. Was ist ein Folgesitz?
Für die meisten Eltern ist ein Folgesitz der Kindersitz, der auf die Babyschale folgt. Da wir nach der Babyschale den Einsatz eines rückwärtsgerichteten Sitzes empfehlen, betreffen alle unsere Ausführungen den Kindersitz, der auf den Reboarder folgt, heißt in der Regel den Kindersitz der Gruppe II/III.
2. Welche Kindersitzgruppen gibt es?
Aktuell gelten parallel die ECE R 44/03, 44/04 und die ECE R 129 (i-Size). Wie Sie sicherlich mitbekommen haben, befinden wir uns in einer Übergangsphase, in der Kindersitze nach der „alten“, noch geltenden Norm und bereits die ersten Sitze nach der neuen i-Size-Regelung verkauft werden.
Kindersitz- gruppen | Arten von Kindersitzen | Körpergewicht des Kindes | Gruppen- übergreifende Kindersitze | Arten von Kindersitzen | Körpergewicht des Kindes | |
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Gruppe 0 | Babyschalen | 0 - 10 kg | Gruppe 0+ | Babyschalen | 0 - 13 kg | |
Gruppe I | Reboarder und vorwärtsgerichtete Kindersitze | 9 - 18 kg | Gruppe 0(+)/I | sog. Pseudo-Reboarder (werden ab einem Gewicht von 10 bzw. 13 kg nach vorne gedreht) und Reboarder | 0 - 18 kg | |
Gruppe II* | Reboarder und vorwärtsgerichtete Kindersitze | 15 - 25 kg | Gruppe I/II | Reboarder und vorwärtsgerichtete Kindersitze | 9 - 25 kg | |
Gruppe III** | Sitzerhöhungen ohne Rückenteil und Seitenaufprallschutz | 22 - 36 kg | Gruppe I/II/III | Reboarder und vorwärtsgerichtete Kindersitze | 9 - 36 kg | |
Gruppe II/III | vorwärtsgerichtete Kindersitze | 15 - 36 kg |
Nach i-Size werden Kindersitzgruppen nicht mehr anhand des Gewichts des Kindes unterschieden. Die Einteilung von i-Size-Sitzen basiert auf der Körpergröße. Der Kindersitzhersteller selbst legt fest, für welchen Größenbereich sein Sitz geeignet ist.
Der Reboarder passt nicht mehr, das Kind ist aber noch sehr jung
Sofern Ihr noch Kind vergleichsweise jung oder klein ist und trotzdem seinem aktuellen Reboarder entwachsen, besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, einen weiteren rückwärtsgerichteten Kindersitz anzuschaffen. Auch Reboarder sind in unterschiedlichen Normgruppen zugelassen und dürfen je nach Zulassung bis 18 kg, 25 kg oder 105 cm Körpergröße benutzt werden.
Während Reboarder, die in der Gruppe 0/I zugelassen sind, vergleichweise früh zu klein werden, gibt es viele Eltern, die ihren Nachwuchs weit über den 4. Geburtstag hinaus in einem rückwärtsgerichteten Kindersitz der Gruppe I/II transportieren. Ihr Kindersitzprofi vor Ort steht Ihnen auch bei der Auswahl eines Folgereboarders gerne zur Seite.
3. Was Sie beim Kauf eines vorwärtsgerichteten Folgesitzes beachten sollten
Kinder sind unterschiedlich gebaut. Dies bedeutet zwangsläufig auch, dass nicht jeder Folgesitz zu jedem Kind passt. In der Praxis erleben wir gar nicht selten, dass Eltern mit einem bereits in der Familie vorhandenen oder „blind“ gekauften Sitz nicht zufrieden sind und uns deshalb um Rat fragen. Um Fehlkäufe zu vermeiden, empfehlen wir deshalb auch beim Folgesitz eine Beratung vor Ort – gemeinsam mit Ihrem Kind und Ihrem Fahrzeug.
Auf unserer Grafik finden Sie die wichtigsten Punkte, die sie beim Probesitzen Ihres Kindes bzw. beim Kauf eines Folgesitzes beachten müssen:
3.1 Geistige Reife
Kleine Kinder sitzen ungern still und möchten – verständlicherweise – ihren naturgegebenen Bewegungsdrang ausleben. Was auf dem Spielplatz oder zuhause völlig unproblematisch ist, kann im Auto bei einem Unfall zu schweren Verletzungen führen. Die wichtigste Eigenschaft, die Ihr Kind für den Wechsel in einen Folgesitz mitbringen muss, ist deshalb eine große Portion Vernunft.
Ihr Kind muss in einem Alter sein, in dem es versteht, dass der Sicherheitsgurt lebensrettend sein kann und ein Seitenaufprallschutz nur dann Sicherheit bietet, wenn es sich mit seinem Körper innerhalb selbigen befindet. Wenn Ihr Kind zappelt, mit dem Gurt spielt oder aus diesem herausschlüpft, sich aus dem Sitz lehnt oder sehr unruhig im Auto ist, ist es sehr wahrscheinlich noch nicht reif für einen Folgesitz. Wechseln Sie auf keinen Fall vorschnell in Sitze, die mit dem Fahrzeuggurt befestigt sind oder erklären Sie Ihrem Nachwuchs nachdrücklich die potenziellen Folgen seines Handelns. Damit Ihr Kind auch im Folgesitz bestens geschützt ist, muss es mit seinem Körper und dem Kopf ruhig, symmetrisch, mittig und innerhalb der Seitenwangen des Folgesitzes bleiben.
Wir raten Ihnen, einen Folgesitz immer mit Kind und im Fahrzeug auszuprobieren. Darauf müssen Sie achten, wenn Sie den Folgesitz in Ihr Fahrzeug einbauen:
3.2 Die Rückenlehne des Folgesitzes muss an der Lehne des Autositzes vollständig aufliegen
Achten Sie beim Einbau darauf, dass das Rückenteil des Folgesitzes nicht von der Sitzbank absteht und plan an dieser anliegt. Es ist wichtig, dass Sie keine reinen Sitzerhöhungen ohne Seitenaufprallschutz benutzen. Diese einfachen Erhöher sorgen zwar für einen verbesserten Gurtverlauf, sie verfügen allerdings über keinerlei Schutz von der Seite. Auch der Kopf Ihres Kindes ist auf einer reinen Gruppe-III-Sitzerhöhung bei einem Unfall völlig ungeschützt. Im Crashtest können Sie deutlich erkennen, wie gefährlich solche Sitzkissen sind. Die Version links zeigt einen Unfall mit einem Dummy, der auf einer reinen Erhöhung sitzt, der Dummy im rechten Video wird in einem Folgesitz der Gruppe II/III (inkl. Seitenaufprallschutz und Kopfstütze) transportiert:
3.3 Der Beckengurt muss über den Hüftknochen verlaufen
Der Beckengurt darf auf keinen Fall im Bauchraum des Kindes liegen, da er dort bei einem Unfall zu schweren inneren Verletzungen führen kann.
Achten Sie deshalb darauf, dass der Gurt gerade über den Beinen bzw. Hüftknochen Ihres Kindes verläuft.
3.4 Der Schultergurt sollte etwas über der Schulter herauskommen
Es ist wichtig, dass der Schultergurt auf einer Höhe knapp über der Schulter herauskommt. Nur wenn der Fahrzeuggurt auf dieser Höhe durch den Sitz geführt wird, ist gewährleistet, dass er über dem Schlüsselbein verläuft, wo der kleine Körper des Kindes die Kraft des Aufpralls gut auffangen kann. Der Gurt darf außerdem nicht zu nah am Hals verlaufen, da Verletzungen an der Stelle besonders gefährlich sind.
3.5 Beide Gurte müssen durch das Hörnchen geführt werden
Auf der Seite, auf der sich das Gurtschloss befindet, das Sie zum Anschnallen Ihres Kindes bzw. seines Sitzes benutzen, müssen beide Gurte, das heißt der Schulter- und auch der Beckengurt durch die Hörnchen bzw. Gurtführung des Folgesitzes geführt werden.
Nur so ist gewährleistet, dass der Sicherheitsgurt Ihr Kind bei einem Aufprall halten kann.
3.6 Der Gurt strafft sich in allen Höheneinstellungen des Sitzes
Denken Sie daran, dass Ihr Kind noch einige Jahre im Folgesitz verbringen wird. Beachten Sie deshalb nicht nur die aktuellen Einstellungen des Sitzes.
Testen Sie außerdem, ob sich der Gurt auch dann strafft, wenn sich der Sitz bzw. die Kopfstütze in einer anderen Höheneinstellung befinden.
3.7 Der Kopf des Kindes muss sich innerhalb des Seitenschutzes befinden
Jeder Folgesitz wächst mit und ist so konzipiert, dass kleinere und größere Kinder gut und sicher sitzen können. Der Kopf Ihres Kindes muss sich immer innerhalb des Seitenschutzes befinden. Die korrekte Einstellung der Kopfstütze Ihres Sitzes entnehmen Sie bitte der Bedienungsanleitung, da es von Sitz zu Sitz gegebenenfalls unterschiedlich ist, auf welcher Höhe die Kopfstütze arretiert werden soll. Allen Folgesitzen ist jedoch gemein, dass sich der Kopf immer zwischen den Seitenteilen befindet.
4. Woran kann es liegen, dass mein Wunsch-Folgesitz und mein Kind oder mein Auto nicht miteinander harmonieren?
Es gibt diverse Gründe, warum ein Kind nicht in Folgesitz A, dafür aber gut in Folgesitz B passt oder Auto und Sitz nicht miteinander kompatibel sind:
- Die Statur des Kindes: Ihr Kind ist sehr schmal, recht breit, hat vergleichsweise kurze oder lange Beine, einen besonders langen Oberkörper etc.
- Die Sitzbank Ihres Autos oder die Sitzfläche des Folgesitzes sind zu steil oder zu flach für Ihr Kind oder den Folgesitz X.
- Die Gurte Ihres Fahrzeugs kommen aus einem nicht idealen Winkel für den von Ihnen bevorzugten Kindersitz: Hier können Sie versuchen, ob die Gurtführung beispielsweise bei einem Einbau auf dem mittleren Sitz der Rückbank besser ist als auf einem Außenplatz.
- Der Folgesitz ist vergleichsweise breit und passt deshalb nicht gut in Ihr Auto, das mit recht schmalen Sitzen ausgestattet ist.
- Die Kopfstützen Ihres Fahrzeugs können nicht entfernt werden, so dass Sie keine Möglichkeit haben, Folgesitz X plan einzubauen,
- etc.
5. Beispiele von Folgesitzen
Bei unseren Händlern vor Ort können Sie unter anderem die folgenden Sitze zur Probe einbauen und kaufen:
Folgesitz | Besondere Vorzüge des Sitzes |
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BeSafe iZi Up X3 fix | Der iZi up X3 fix lässt sich optimal an die Größe des Kindes anpassen. Die Kopfstütze und die Schultergurtführung lassen sich einfach mit einem Handgriff anpassen. Der Sitz hat keine klassischen „Gurtführungshörnchen“ im Beckenbereich, so dass die Gefahr eines Fehleinbaus gering ist und sich auch ältere Kinder leicht selbst anschnallen können. |
Britax Römer KIDFIX III M | Die intuitive Gurtführung sorgt dafür, dass der 3-Punkt-Gurt einfach positioniert werden kann und optimal am Kind verläuft. Die Kopfstütze ist höhenverstellbar, der Sitz wächst durch seine V-förmige Sitzschale perfekt mit dem Kind mit. |
Maxi-Cosi Rodifix | Einfacher Zugriff auf das Gurtschloss. Durch eine intuitive Gurtführung verläuft der Gurt optimal. Schulter- und Kopfstütze sind verstellbar, der Seitenaufprallschutz ist flexibel und leicht beweglich. Der Maxi-Cosi RodiFix ist vergleichsweise schmall und eignet sich gut auf engem Raum. |
Cybex Solution M-Fix | Beim Verstellen der Kopfstütze passt sich der Sitz automatisch in der Breite an. Der Rücken des Q2-fix kann so geneigt werden, dass er sich der Neigung des Autositzes anpasst. Auch der Neigungsgrad der Kopfstütze kann verstellt werden. |
Kiddy Cruiserfix Pro | Der Cruiserfix Pro wächst in drei Dimensionen mit: Die Sitzfläche ist verlängerbar, die Kopfstütze in der Höhe verstellbar und die Seiten des Sitzes werden mit einem Handgriff angepasst. Der Sitz ist zur Sicherung des Kindes im Flugzeug zugelassen. |
Aber wann ist denn ein Kind uberhaupt bereit vorwarts mit dem Dreipunktgurt angeschnallt zu werden? Worauf sollte sonst noch geachtet werden?
Hallo,
ein Kind braucht die geistige Reife um korrekt im Sitz sitzen zu bleiben, auch wenn es mit dem Dreipunktgurt einfach aufstehen könnte, beispielsweise weil es keine Lust mehr hat oder ein Spielzeug während der Fahrt herunter gefallen ist.
Welche Sitze jenseits der Babyschale empfehlen Sie denn, wenn man kein eigenes Auto hat?
Meine Kriterien wären bisher: Niedriges Gewicht (weil ich den Sitz immer wieder durch die Gegend und auch Treppen tragen muß, zusätzlich zu allem anderen Gepäck) und keine allzu spezialisierte Paßform (weil der Sitz ja in verschiedenen Autos eingesetzt wird), wobei der Sitz natürlich insgesamt selten benutzt wird. Toll wären zusätzlich geringerer Preis (weil der Sitz ja wirklich nicht oft genutzt wird), geringe Größe (der Sitz muß ja den Großteil der Zeit gestaut werden) und, falls das nicht zu speziell wird, möglichst kein Isofix (weil nicht garantiert alle Autos damit ausgerüstet sind). Haben Sie Vorschläge, worauf ich sonst achten sollte… oder gar konkrete Empfehlungen?