
ADAC-Kindersitztest Frühjahr 2025: Neuer Test, neue Maßstäbe
ADAC-Kindersitztest Frühjahr 2025: Neuer Test, neue Maßstäbe
Zweimal im Jahr analysieren wir von den Kindersitzprofis die aktuellen Ergebnisse des ADAC-Kindersitztests – und dieses Frühjahr war es besonders spannend: Der ADAC hat sein Testverfahren für Kindersitze grundlegend überarbeitet – mit dem Ziel, die Sicherheit von Kindern im Auto weiter zu verbessern. Getestet werden Sitze für Kinder von der Geburt bis zum Ende der Kindersitzpflicht mit etwa 12 Jahren. Die Neuerungen betreffen vor allem den Frontal- und Seitencrash – mit spürbar härteren Bedingungen, die sich an realen Unfällen orientieren.
Was sich geändert hat fassen wir für euch in diesem Beitrag zusammen.
Was ist neu im ADAC-Testverfahren?
Der ADAC hat sein Testprotokoll deutlich verschärft – mit gravierenden Änderungen beim Frontal- und Seitencrash:
Neuer Frontalaufprall: Weniger Knautschzone, mehr Impuls
Im neuen Test wird ein Kia Sportage genutzt, der mit 50 km/h auf eine starre Wand fährt. Bislang kam ein VW Polo mit einer verformbaren Karosseriestruktur zum Einsatz.
Dadurch entsteht ein viel härterer Aufprall, der reale Unfallsituationen besser abbildet – z. B. Kollisionen mit festen Hindernissen oder schweren Fahrzeugen.
Bisher fand der Aufprall bei einer Geschwindigkeit von 64 km/h statt, was vielleicht den Anschein erregt, dass der neue Test aufgrund der niedrigeren Geschwindigkeit mehr Spielraum lässt. Das ist allerdings ein Trugschluss.
Im neuen Setup wird der Kia auf 50 km/h beschleunigt und trifft nach 13 Sekunden Fahrt auf die starre Wand. Dieser Aufprall erzeugt einen plötzlichen, sehr intensiven Impuls.
Ein direkter Vergleich zeigt: Obwohl die Geschwindigkeit im neuen Test (50 km/h) niedriger ist als im alten Verfahren (64 km/h), ist der tatsächliche Kraftimpuls (Pulse) deutlich höher. Das liegt daran, dass bei der früheren Testkonfiguration die Knautschzone des VW Polo Energie aufgenommen hat – im neuen Test fehlt diese Energieabsorption vollständig. Das Kraftprofil zeigt einen scharfen, hochintensiven Belastungsgipfel – ein extremeres Szenario für den Kindersitz und das Kind.
Neuer Seitencrash: SUV-Szenario mit 6 Tonnen Rammbock
Auch beim Seitenaufprall zieht der ADAC die Schrauben an. Während der Seitenaufprall im alten Test noch mit 50 km/h stattgefunden hat, trifft nun ein 6 Tonnen schwerer Rammbock mit 60 km/h auf das Fahrzeug. Damit wird der seitliche Zusammenstoß mit einem SUV oder Transporter simuliert – also genau den Unfallszenarien, die im Alltag häufig vorkommen.
Warum dieser Wandel? Unfallforschung und Biomechanik
Die Anpassung des ADAC-Testverfahrens kommt nicht zufällig – sie basiert auf aktuellen Erkenntnissen aus der Unfallforschung und der Biomechanik. Besonders Kinder im Alter von 12 bis 18 Monaten sind laut Auswertungen bei Verkehrsunfällen besonders gefährdet. Der Grund liegt in ihren körperlichen Besonderheiten:
- Überproportional großer Kopf: Der Kopf macht etwa 25 % des Körpergewichts aus – bei Erwachsenen sind es nur 6–10 %.
- Kurzer Hals: Der Bewegungsdrehpunkt liegt tiefer (C2/C3), was die obere Halswirbelsäule besonders belastet.
- Unreife Wirbelsäule: Die Wirbel bestehen zum großen Teil aus Knorpel und nicht aus voll entwickelten Facettengelenken und bieten wenig strukturelle Stabilität.
- Schwache Muskulatur: Der Kopf kann bei einem Aufprall nicht ausreichend gestützt werden.
- Elastische Bänder: Diese erhöhen die Beweglichkeit, aber verringern die Stabilität bei schnell eintretenden Belastungen.
Diese physiologischen Unterschiede zeigen klar: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie benötigen eigene Schutzkonzepte, die gezielt auf ihre Verletzlichkeit ausgelegt sind.
Gesundheit im Fokus: PFAS jetzt Teil des Tests
Neben der Crashtestsicherheit prüft der ADAC nun auch die Materialgesundheit: Erstmals werden Sitzbezüge auf PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) untersucht – chemische Substanzen, die gesundheitlich bedenklich und kaum abbaubar sind. Damit fließt neben der reinen Schutzwirkung nun auch die Langzeitgesundheit der Materialien in die Bewertung ein – ein Schritt in Richtung ganzheitlicher Produktsicherheit.
Fazit: Der neue Test ist ein Quantensprung
Mit dem neuesten ADAC-Kindersitztest beginnt ein neues Kapitel in der Bewertung von Kindersitzen. Die neuen Prüfbedingungen sind härter, aber näher an der Realität. Und genau das brauchen wir.
Für Eltern bedeutet das:
Schaut genau hin. Ein "befriedigend" im neuen Test kann deutlich mehr Aussagekraft haben als ein "gut" im alten Verfahren.
Wir von den Kindersitzprofis beraten euch wie immer individuell – und helfen euch, den passenden Sitz für euer Kind, euer Auto und eure Lebenssituation zu finden. Bei Fragen stehen wir euch also gern zur Verfügung!