Kürzlich sind wir einer Einladung von BeSafe gefolgt und nach Schweden gereist. Unser Hotel war wundervoll und das Essen sehr lecker – und als ganz besonderes Schmankerl durften wir einen Crashtest live erleben.

Wir waren zu Gast beim VTI, dem schwedischen Straßen- und Verkehrforschungsinstitut. Dort wird regelmäßig der Plus-Test durchgeführt, bei dem unter anderem die Kräfte gemessen werden, die bei einem Unfall auf das kindliche Genick wirken. Es handelt sich dabei um einen in Europa einzigartigen Crashtest, der eigens für den schwedischen Markt konzipiert wurde. Während unseres Besuchs wurden der BeSafe iZi Comfort X3 (vorwärts) und der BeSafe iZi Combi X4 Isofix (rückwärts) getestet und das Ergebnis war auf erschreckende Art und Weise sehr beeindruckend.

Durchführung des Tests: Vorwärts gerichteter Kindersitz versus Reboarder

Der Kindersitz wird bei diesem Test auf einem Schlitten mit einer Geschwindigkeit von 56 km/h beschleunigt und vor eine Wand gefahren. Der Dummy ist mit unterschiedlichen Sensoren bestückt. Diese messen beispielsweise, wie hoch die Belastung auf das Genick beim Crash ist.

Auf dem Foto gut zu erkennen: Die Teststrecke, an dereren Ende sich ein Aufbau (Foto rechts) befindet, der die Knautschzone eines PKWs simuliert. Vor jedem Crash werden neue Metallstreben aus massivem Stahl in diese Haltung gelegt.

schwedischer Plus-Test VorbereitungCrashtest mit einem vorwärts gerichteten Kindersitz:

Zuerst wurde der BeSafe iZi Comfort X3 mit Isofix vorwärts auf dem Testschlitten installiert und der Dummy korrekt angeschnallt:

Schwedischer Plustest Kind vorwärts gerichteter Sitz

Zur Verdeutlichung haben wir den Crashtest im Video festgehalten:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wie gut zu erkennen ist, wirken sehr hohe Kräfte auf den Dummy, insbesondere auf sein Genick. Direkt nach dem Aufprall hat der VTI eine Belastung von 1.925 Newton gemessen, was einer Zugkraft von 192,5 kg entspricht.

Crashtest Messung Kraft auf das Genick

Diese Kraft ist auch gut an den vormals geraden Metallstreben zu erkennen, sie haben sich völlig verbogen, als die „Nase“, die sich vorne am Schlitten befindet, in den Aufbau gekracht ist:

Plustest Aufprall Kraft

Crashtest mit einem Reboarder:

Besonders interessierte uns natürlich der Vergleich zu einem rückwärts gerichteten Kindersitz. Der oben beschriebene Ablauf wurde nun mit dem BeSafe iZi Combi X4 wiederholt. Dieser wurde ebenso mit Isofix auf dem Schlitten gefestigt, jedoch rückwärts gerichtet installiert.

Der Dummy musste auch im Reboarder einiges aushalten:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Der Kopf des Dummys wird im Reboarder ebenso nach vorne und hinten geschleudert, der Crash wirkt gegenüber dem vorherigen aber nahezu harmlos. Beim Crashtest mit dem Reboarder maß der VTI eine maximale Belastung auf das Genick von 533 Newton (53,3 kg):

VTI-Messung-Belastung-Genick-Reboarder

Noch einmal zur Verdeutlichung: Beim vorherigen Crash im vorwärts gerichteten Sitz wirkte eine beinahe viermal so hohe Kraft (!) auf das Genick des Dummys.

Testergebnis:

Das Ergebnis des Tests war eindeutig: Der rückwärts gerichtete Kindersitz war dem vorwärts gerichteten Sitz deutlich überlegen. Die Belastung für das Genick mit rund 533 Newton im Reboarder war deutlich geringer als der Wert, der für den Nacken des Dummys im vorwärts gerichteten Sitz gemessen wurde. Mit 1.925 Newton, die als Höchstwert im vorwärts gerichteten Besafe Sitz gemessen wurden, übersteigt der Wert auch deutlich die Belastungsgrenze, die der VTI als Kriterium für das Bestehen des Plus-Tests festgelegt hat. Diese darf 1.220 Newton nicht überschreiten, damit ein Kindersitz den schwedischen Plus-Test besteht.

Bisher haben ausnahmslos Reboarder den Test bestanden.

Für uns war der Crashtest eine faszinierende, erschreckende und informative Veranstaltung zugleich. Wir bedanken uns bei BeSafe und dem VTI für die nette Einladung.

Am Gespräch teilnehmen 28 Kommentare

  • Alexandra sagt:

    Vielen Dank für den tollen Bericht!
    Ich bin noch immer traurig, dass ich leider krankheitsbedingt nicht dabei sein konnte! Aber es gibt ja sicher ein nächstes Mal!

  • Maike sagt:

    Der Bericht lässt mich darüber nachdenken für unseren Sohn doch einen Reboarder zu kaufen. Eine Frage hätte ich jedoch und vllt. kann mir hier jemand darauf eine Antwort geben. Und zwar, wie wirken die Kräfte wenn ein Fahrzeug von hinten auffährt ist es dann nicht besser wenn das Kind mit einem nach vorne gerichteten Sitz fährt? Das müsste doch gerade die entgegengesetzte Wirkung haben oder sehe ich das falsch?

  • KSP Admin sagt:

    Danke für die Vorschreiber! Hier noch ein paar weitere Details zu Auffahrauffällen:
    Ein Heckaufprall ist nicht Bestandteil des Plus-Tests, und das aus gutem Grund.

    Nach regelmäßiger Auswertung von Unfalldaten ist der Anteil von Auffahrunfällen bei allen schwerwiegenden Unfällen (Schwerstverletzte oder Tote) verschwindend gering, so etwa im Bereich 3%. Deshalb wird sich auf die Unfallarten konzentriert, die mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit eintreten können.

    Außerdem wirken bei einem Heckaufprall auf ein Kind im Reboarder eben bei weitem NICHT die gleichen gefährlichen Kräfte, wie auf ein Kind im Vorwärtssitz bei einem Frontalaufprall.

    In der Regel bewegen sich bei einem Heckaufprall beide Autos in die gleiche Richtung. Es wirkt also beim Zusammenstoßen deutlich weniger Energie auf die Insassen, als wenn zwei Fahrzeuge frontal ineinander fahren oder ein Fahrzeug auf einen unbeweglichen Gegenstand (Mauer, Baum etc.) trifft. Anders wäre es, wenn das vordere Auto mit hoher Geschwindigkeit rückwärts gegen ein anders Auto oder einen Widerstand führe, das ist aber in der Realität höchst unwahrscheinlich.

    Außerdem wirkt der Motorblock / die Motorhaube des auffahrenden Fahrzeugs als zusätzliche Knautschzone, welche hilft, die auf die Insassen des vorderen Fahrzeugs wirkende Energie des Aufpralls abzumildern.

    Das ist erstmal eine grobe Erklärung, wir als die Kindersitzprofis werden der Thematik in naher Zukunft einen eigenen, ausführlichen Blogartikel widmen.

    Als Denkanstoß aber schon hier: Nicht ohne Grund ist es schon lange Pflicht, dass Babyschalen nur rückwärtsgerichtet installiert werden können. Und es gibt in den Unfallstatistiken kaum Fälle, in denen Kinder in der Babyschale nennenswerte Verletzungen davongetragen haben, sofern sie korrekt gesichert waren. Bei Kleinkindern über einem Jahr (das Alter, in dem die meisten Kinder leider in einen vorwärtsgerichteten Sitz umgesetzt werden) dagegen steigt die Anzahl verletzter / getöteter Kinder erheblich an.

    • Andreas sagt:

      Sehr geehrte Damen und Herren, gibt es den angekündigten detaillierten Blog-Artikel zwischenzeitlich schon? Mich würde insbesondere noch interessieren, wieso trotz der genannten Vorteile von Reboardern diese in den gängigen Tests weder im Gesamturteil, noch m.W. im Aspekt Sicherheit signifikant besser abschneiden. Vielen Dank für eine Rückmeldung!

      • Die Kindersitzprofis (K) sagt:

        Hallo Andreas,
        wir haben kürzlich den aktuellen ADAC-Test zusammengefasst und sind dabei auch auf die Bewertungskriterien des ADACs im Einzelnen eingegangen. Dort führen wir einmal die Einzelkriterien aus und gehen auch auf die Frage ein, warum Reboarder oft nicht so gut abschneiden.
        Dies hat u. a. damit zu tun, dass der ADAC in der Sicherheitsnote nicht unterscheidet bzw. ausgibt, welche Werte bzw. Noten ein Sitz vorwärts und welche Werte er rückwärts erzielt hat. Bei Sitzen, die vorwärts und rückwärts eingebaut werden können, fließt z. B. nur die schlechtere Note aus beiden Einbauarten in das Ergebnis ein. Mehr dazu hier: https://www.kindersitzprofis.de/adac-kindersitze-babyschalen-herbst-test-2015/#113_Einzelwertungen_Gewichtung_Gesamtnote

    • Miri sagt:

      Hallo,

      unsere beiden Kinder, 1,5 und 3, 5Jahre, fahren in Reboardern (Besafe iZi Combi X3 Isofex und Cybex Sirona) und ich bin davon überzeugt, dass das die sicherste Variante ist, die Kinder im Auto zu transportieren.

      Alerdings muss ich ebenfalls sagen, dass bei einem Heckaufprall der Reboarder der unsicherere Sitz sein müsste, mal von dem Punkt abgesehen, dass das Kind weiter vom Heck entfernt ist.
      Natürlich ist dies einerseits viel seltener der Fall und andererseits gibt es die genannten Unfallsituationen, bei denen man diese Aussage relativieren muss, es gibt aber auch andere Unfallsitationen, bei denen es, meines Erachtens, im Vorwärtsgerichteten Sitz doch sicherer wäre, zB.:

      -Beim Auffahren eines anderen Autos mit voller Geschwindigkeit (ca 50km/h) an einer Ampel. Dies ist Bekannten von uns in einem halben Jahr zweimal passiert. Hier war das Kind, das beim zweiten Mal auch im Auto saß, in diesem Fall zum Glück, vorwärts gerichtet gesessen.
      -Beim Auffahren eines anderen Autos an einem Stauende auf der Autobahn. Stehen wir als letztes Auto auf der Autobahn im Stau, fürchte ich doch jedes Mal, man könnte doch einmal zu spät gesehen werden. Und so selten sind solche Auffahrunfälle dann doch nicht.

      Mit diesem Argument kommen übrigens viele, ihrer Meinung nach, sehr sichere und/oder vorrausschauende und vorsichtige AutofahrerInnen, die ich versuchte von Reboardern zu überzeugen. Viele sind der Meinung, sie hätten sich eher vor anderen Autofahrern zu fürchten, da sie selbst so sicher fahren und in diesem Fall würde ihnen der Vorteil der Reboarder nichts bringen. Natürlich kann niemand mit Sicherheit einen Unfall verhindern, aber ein Bisschen kann ich diese Argumentation schon nachvollziehen, wenn ich mir die (vermutlich kinderlosen) Raser auf der Autobahn so ansehe.

      Bei dem kommenden Artikel oder als Antwort von euch würden mich Reboarder in ebendiesen Situationen interessieren, Auffahrunfälle, besonders auf der Autobahn, bei denen das vordere Auto steht.

      Vielen Dank

      • Die Kindersitzprofis (K) sagt:

        Hallo Miri,
        vielen Dank für die Nachricht und die Gedanken zum Thema.

        Unsere Händler werden nach solchen Szenarien natürlich auch häufig gefragt. Wir haben deshalb hier noch einmal einen gesonderten Artikel zum Heckaufprall verfasst: https://www.kindersitzprofis.de/ist-ein-vorwaerts-gerichteter-kindersitz-beim-heckaufprall-sicherer-als-ein-reboarder/
        Tatsächlich ist es – wie Sie auch schreiben – so, dass der Heckaufprall statistisch selten(er) ist – jedenfalls dann, wenn wir die Anzahl der Unfälle mit Schwerverletzten und Toten ansehen (hier: 5,6 %). Dafür steht er wiederum an der Spitze der Statistik, wenn es um „leichte“ Unfälle geht (mehr als jeder zweite Unfall mit leicht Verletzten ist ein Heckaufprall).
        Den Fall, dass ein Fahrzeug auf der Autobahn ungebremst auf das Stauende auffährt, möchte niemand von uns erleben und er kommt zum Glück sehr, sehr selten vor. Dann allerdings brauchen meist alle Insassen ganz gleich, in welche Richtung der Sitz zeigt, einen zuverlässigen Schutzengel.

        Zusammenfassend können wir festhalten, dass Physik, Wahrscheinlichkeit und Statistik für den Reboarder sprechen, aber das wussten Sie ja schon.

        Wir hoffen, dass wir Ihnen damit helfen konnten und freuen uns, wenn Sie Ihr Umfeld weiter aufklären.

        • Miri sagt:

          Vielen Dank für die schnelle Antwort und den interssanten Artikel!
          Meine Frage wäre allerdings noch, wer als leicht Verletzter in die Statistik eingeht. Denn die meisten Insassen sitzen vermutlich vorwärts im Auto, genauso, wie es eben auch bei den Frontalunfällen und den hier beunruhigenden Statistiken der Einjährigen ist. Das heißt bei den Heckaufprallen in der Statistik werden Reboarder wsl ebenso wenig ausschlaggebend sein wie bei den Frontalaufprallen, oder sehe ich das falsch?
          Kann es also nicht sein, dass die Insassen auch gerade deshalb beim Heckaufprall leicht verletzt sind, weil sie vorwärts saßen und Reboarder einen geringen Anteil in der Statistik einnehmen?
          Wobei hier eine Altersauflistung der Insassen bei Skandinavischen Heckunfällen, bei denen ja alle Kinder rükwärts fahren, wsl Klarheit bringen würde;-)

          • Die Kindersitzprofis (K) sagt:

            Hallo Miri,
            unter Leichtverletzte fallen alle Verletzten, die nicht im Krankenhaus bleiben müssen, sondern ambulant behandelt werden (vom Arzt oder auch nur zuhause mit Schmerzmitteln o. ä.).
            Dass es nicht so ist wie Sie vermuten, sagt uns ebenso die Statistik. Tatsächlich ist es so, dass Babys meist gar nicht oder nur leicht verletzt werden und die Quote der verletzten und toten Kinder im Altersbereich zwischen 1 und 2 Jahren deutlich ansteigt (genau dann, wenn das Groß der Kinder vorwärts fährt). Unter anderem deshalb müssen Babys nach der neuen i-Size-Norm bis mind. 15 Monate rückwärts fahren.

  • Eva Maria Neff sagt:

    Hallo,

    sehr interessant, aber 2 Feinheiten, die so physikalisch nicht ganz richtig sind.

    mit Geschwindigkeit von 56 km/h beschleunigt
    – das Fahrzeug wird von 0 km/h auf 56 km/h beschleunigt und mit dieser Geschwindigkeit dann abgebremst.
    So nehme ich es mal an?
    Geschwindigkeit ist die Wegstrecke pro Zeit, eine Beschleunigung ist die Geschwindigkeitsänderung pro Zeit. Man kann also mit einer Geschwindigkeit nicht beschleunigen.

    VTI eine Belastung von 1.925 Newton gemessen, was einer Zugkraft von 192,5 kg..
    – der VTI hat eine Zugkraft von 1925 Newton gemessen, was einer Masse von 192,5 kg entspricht, die einer Beschleunigung von 1 m/s² ausgesetzt wird.
    Man darf eine Kraft ( F in [N] ) nicht mit einer Masse ( m in [kg] ) gleichsetzen, den 1 Newton ist gleich der Kraft, die einem Körper der Masse 1 kg die Beschleunigung 1 m/s² erteilt.
    Nur so als kleine Randbemerkung 😉

  • Pingback: Reboarder-Nachwuchs für uns und warum es der Axkid Rekid werden musste
  • Cat sagt:

    Hallo,

    Wo finde ich denn das Ergebnis des aktuellen (2016) Plus Tests? Ich möchte gerne den nach schwedischen Standards sichersten Reboarder kaufen. Finde aber immer nur die deutschen „besten“ Sitze (die ja gar nicht die Besten sind…)

    Dankeschön für die Antwort

    • Die Kindersitzprofis (K) sagt:

      Hallo Cat,
      zuletzt haben der BeSafe Modular und der Concord Reverso Plus den Plus-Test bestanden.

      Den sichersten Reboarder gibt es genau gesehen nicht. Die Ergebnisse des Plus-Tests werden nicht im Detail veröffentlicht, so dass wir nicht sagen können, welcher Sitz die niedrigsten Belastungswerte hat. Die Sitze, die den Plus-Test bestanden haben, sind jedoch allesamt sehr sicher.

      Dazu ist es wichtig, dass der Kindersitz zum Kind und auch in Ihr Auto passt. Wir empfehlen Ihnen deshalb, bei einem unserer Händler vor Ort vorbeizuschauen und gemeinsam mit Ihrem Kind und Ihrem Fahrzeug zu testen.

      • Cat sagt:

        Dankeschön für die Antwort und die Erläuterung.
        Und wie sieht es bei den Sitzen , die nicht mit Isofix befestigt werden, aus, welche können Sie empfehlen?
        Ich habe irgendwo gehört, dass diese mindestens genauso gut, wenn nicht sogar noch besser sind.
        Wir haben ein Auto, in dem kein Isofix eingebaut ist und nicht nachrüstbar ist.
        Danke für die Antwort.

        • Die Kindersitzprofis (K) sagt:

          Gegurtete Sitze sind, wenn sie korrekt eingebaut sind, mindestens genauso sicher wie Kindersitze, die mit Isofix befestigt werden. Isofix vereinfacht den Einbau, für eine höhere Sicherheit sorgt es nicht. Es gibt recht viele Reboarder, die gegurtet eingebaut werden können, so z. B. der Britax-Römer Max-Way, der Maxi-Cosi Mobi, der BeSafe iZi Plus oder auch der Axkid Minikid.

          Wie groß/schwer ist Ihr Kind und in welches Auto möchten Sie den Sitz einbauen? Gerne können Sie uns für eine Kindersitzberatung eine Mail an info@kindersitzprofis.de schreiben oder ab Dienstag wieder auf unserer Hotline anrufen.

  • Nic sagt:

    Hallo,
    ich finde es immer wieder seltsam, dass überhaupt mit einem möglichen „schlimmen Heckaufprall“ gegen einen Reboarder argumentiert wird. Vorab: Mir persönlich ist die Statistik erstmal völlig egal – wenn ich zu den 2% Betroffenen gehöre, denen jemand hinten drauffährt, nützt mir die nix. Und mit Kraft vs. Masse und Beschleunigung vs. Geschwindigkeit kann man mich jagen (war in Physik schon immer schlecht). Aber einfaches Vorstellungsvermögen reicht ja manchmal schon:
    Fahre ich mit 60 km/h gegen einen Baum, eine Mauer oder (noch schlimmer) gegen ein entgegenkommendes Auto, wird mein Kind innerhalb von Millisekunden auf einem „Bremsweg“ von teilweise weniger als einem Meter abrupt von 60 auf 0 km/h abgebremst (bzw. nur der Körper, während der Kopf nach vorne fliegt). Fährt mir von hinten jemand mit 60 km/h ins Auto, wird mein Auto entweder (wenn ich nichts vor mir habe) nach vorne beschleunigt oder (am Stauende, vor einer Wand o.ä.) irgendwo rein- bzw. dagegengedrückt. Im zweiten Fall kann ich nur hoffen, dass mein Schutzengel nicht gerade Pause macht (bei einem Reboarder ist zumindest der Kopf noch weiter vorne, aber insgesamt macht sowas weder rückwärts- noch vorwärtsgerichtet wirklich Spaß). Im ersten Fall wird mein Auto sicher ebenfalls beschleunigt (und damit die Nackenmuskulatur/WS im Reboarder belastet), aber bedingt durch Knautschzone, Trägheit und Reibung sicher nicht innerhalb von wenigen Millisekunden von 0 auf 60 km/h (und nur dann wäre es ja vergleichbar mit einem Frontalunfall, wenn man jetzt mal nur die Nackenmuskulatur und Wirbelsäulenbelastung betrachtet). Ich glaube nicht, dass es überhaupt möglich ist, durch einen Auffahrunfall das vordere Auto innerhalb von einem Meter auf 60 km/h zu beschleunigen, ohne dass dieses nicht völlig zerstört wird (wenn mir jemand mit 200 km/h hinten reinfährt, wird von meinem Auto wahrscheinlich nicht mehr viel übrig sein, da ist die Beschleunigung und deren Auswirkung auf die Nackenmuskulatur dann auch nicht mehr wirklich relevant).
    Lange Rede, kurzer Sinn: Es mag Unfälle geben, da ist ein Reboarder einem vorwärtsgerichteten Sitz unterlegen. Meist geht es dabei aber nur um leichte bis mittelschwere Verletzungen. Ich habe bisher noch von keinem Fall gehört, wo ein Kind gestorben oder schwer verletzt war, weil es rückwärts saß. Andersrum gibt es diese Fälle leider – und allein dieses Wissen genügt mir.
    LG Nic

  • Christina sagt:

    Das ist toll, dass Reboarder so sicher sind. Wir haben auch einen gekauft und unsere Tochter übergibt sich beim rückwärtsgerichteten Fahren alle 5! Minuten. Das ist leider nicht übertrieben, sodass wir gar nicht Autofahren. Ab wann ist ein vorwärts gerichteter Sitz nicht mehr so gefährlich?

    • Die Kindersitzprofis (K) sagt:

      Hallo Christina,
      tut mir leid, das zu hören. Wir empfehlen, Kinder bis mindestens zum 4. Geburtstag rückwärts zu transportieren. Das ist ungefähr der Zeitpunkt, zu dem das Körper-Kopf-Verhältnis fast dem eines Erwachsenen entspricht und die Energien, die bei einem Unfall entstehen, vom Kopf und dem Genick bzw. der Nackenmuskulatur besser abgefangen werden können. Auch ist das kindliche Becken dann so entwickelt, dass der Fahrzeuggurt in einem Gruppe 2/3-Sitz optimal verläuft – vorausgesetzt es handelt sich um einen für das Kind passenden Kindersitz.

      Dass Kindern im Auto bzw. Reboarder übel wird, kann verschiedene Ursachen haben und zum Beispiel auch an der Haltung im Kindersitz oder dem Neigungswinkel des Reboarders liegen. Wie alt / groß / schwer ist Deine Tochter und in welchem Kindersitz fährt sie aktuell in welchem Auto?

  • Martin sagt:

    Unser Kind Schläft im Kindersitz schnell ein und der Kopf fällt dann nach vorn, in wie fern wird diese Kopfposition im Test berücksichtigt – bei unserem Reboarder müsste dann der Kopf erst einmal mit recht viel Wucht gegen den Sitz schlagen – kann nicht wirklich gesund sein. Hätten wir einen vorwärts gerichteten Sitz, dann müsste die Wirbelsäule „nur“ noch gestreckt werden, ohne den Impuls des nach vorn fliegenden Kopfes auch noch abfangen zu müssen. Wurde diese Situation im Plus-Test berücksichtigt?
    Danke

    • Die Kindersitzprofis - Kerstin sagt:

      Hallo Martin,
      wir haben uns kürzlich zu dieser Thematik mit dem ADAC unterhalten. Es gibt keinen Test und keine Studien zur Thematik des Kopfvorfallens. Dies hat aber nicht damit zu tun, dass das Thema niemanden interessiert, sondern liegt daran, dass es bei einem Aufprall kaum relevant ist, ob sich der Kopf direkt an der Kopfstütze befindet oder davor. Dazu kommt, dass die meisten Unfälle vorhergesehen werden, das heißt, dass der Fahrer vor dem Aufprall bremst. Bei der Bremsung wird der Kopf automatisch in Richtung Kopfstütze gepresst, so dass die vorherige Kopfhaltung für den Aufprallzeitpunkt nicht mehr wichtig ist. Das Vorfallen des Kopfes ist hauptsächlich bei Neugeborenen / jungen Babys und Babys mit Sättigungsproblemen problematisch.

      Übrigens: Zum Thema Kopfvorfallen haben wir kürzlich einen Artikel mit einigen Tipps geschrieben. Meistens können Eltern mit einfachen Mitteln etwas dagegen tun: https://www.kindersitzprofis.de/shop/magazin/hilfe-der-kopf-meines-kindes-faellt-im-kindersitz-nach-vorne

  • Pingback: Axkid Rekid: Unsere Erfahrungen mit dem Reboarder von 9 bis 25 kg
  • Pingback: Unsere Kinder fahren rückwärts – Voll_Mama
  • Pingback: Unsere Kinder fahren rückwärts - Voll_Mama
  • Manfredkl sagt:

    das stimmt, Sie haben Recht

Hinterlasse einen Kommentar